
Auf dem Friedhof in Ludwigslust wurde bei der Neugestaltung der Grabstätte
der Familie Boldt eine quadratische Säule mit einer aufgesetzten Kugel
aufgestellt. Ich wurde mehrfach gefragt, was die angegebene Formel bedeutet.
Auf dieser
Grabstätte wurde Dr. Hans Boldt (1910 - 1980) beigesetzt, ein äußerst
kompetenter Lehrer der an der erweiterten Oberschule in Ludwigslust mehr als
vier Jahrzehnte vorwiegend Mathematik unterrichtet hat.
Auch mein Interesse
an der Mathematik wurde durch Dr. Boldt geweckt.
Sein Unterricht war
anspruchsvoll und aus der Sicht der Mathematik problemreich, exakt und sehr
gründlich.
Zu dem Grabstein:
Auf der Kugel ist die Kreiszahl
p
dargestellt. Man lernt
sie in der Schule bei Kreisberechnungen kennen. Sie gibt das Verhältnis von
Umfang zum Durchmesser eines Kreises an, taucht aber an vielen weiteren
Stellen in der Mathematik auf. Die Zahl
p
ist eine irrationale,
transzendente Zahl, also eine unendliche nichtperiodische Dezimalzahl.
Notiert wurde auf der Kugel lediglich ein Näherungswert mit 24 Stellen nach
dem Komma
- π
= 3,14159 26535 89793 23846 2643 .....
Nun zu
der auf dem Grabstein angegebenen Formel:
Diese Formel stammt nicht aus der Dissertation
"Raumgeometrie und Spiegelungslehre" von Dr. Boldt.
Vor einigen
Jahren gab es eine Umfrage unter Mathematikern: Welche Formel ist die schönste?
Zur Auswahl standen Beispiele aus verschiedenen Bereichen der
Mathematik.
Am Ende siegte eine Formel aus dem 18. Jahrhundert, die auf den
Mathematiker Leonhard Euler
(1707-1783) zurückgeht.

Um diese Formel
ansatzweise zu verstehen, muss daran erinnert werden, was denn eigentlich
die wichtigsten Zahlen der Mathematik sind.
Da sind zunächst natürlich die Null und die Eins, denn
erstens kann man damit alle anderen Zahlen aufbauen, und zweitens sind ihre
Eigenschaften beim
Arbeiten mit Zahlen unersetzlich. Das liegt im Wesentlichen
daran, dass die Addition einer Null und die Multiplikation mit Eins keine
Auswirkungen haben.
Weiter gehört sicher auch die Kreiszahl
π
zu den Promi-Zahlen.
Für die Beschreibung von Wachstumsvorgängen ist die Eulersche Zahl e
= 2,7182..... unverzichtbar:
Exponentielles Wachstum (Bakterien) und exponentielle Abnahme
(beim radioaktiven Zerfall) gehören zu den grundlegenden mathematischen
Modellierungen. In beiden und in vielen, vielen anderen Fällen wird die
Zahl e gebraucht.
Schließlich ist seit einigen Jahrhunderten klar, dass man den Bereich
der Zahlen um die komplexen Zahlen erweitern muss, um viele Gleichungen
lösen zu
können. Die komplexe Zahl i, also die imaginäre
Einheit gehört ebenfalls zu obiger Formel.
Bemerkenswerterweise gibt es nun einen Zusammenhang zwischen den Zahlen
0, 1, π,
e, i in obiger Formel.
Das ist besonders deshalb verwunderlich, da es sich bei
π und e
um unendliche nichtperiodische Dezimalzahlen handelt. Für Mathematiker hat
diese Formel
große symbolische Bedeutung, weil sie für die Einheit der
Mathematik steht. Es ist nämlich beinahe schon ein mysteriös,
dass es zwischen Zahlen, die für
völlig verschiedene Zwecke maßgeschneidert
wurden, einen so einfachen Zusammenhang gibt.
Durch diese Formel wird
also in besonderer Weise an den Mathematiklehrer Dr. Hans Boldt erinnert,
der vielen Schülern der Oberschule in Ludwigslust die
Anfangsgründe der höheren Mathematik beigebracht hat.
Dr. Uwe Sonnemann, Oktober 2008
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